Ausgabe 2/2011
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Führung
Umkehr
Bewegung
Neue Kinder
Kurz notiert
Gebetsanliegen
 

Julho, João, JosiMaria José Der letzte Kurs

Gottes Führung

Rückblick auf 14 Jahre Dienst in der GBM Von Jörg Garbers, Jaraguá do Sul

Mai 96 – mit aufgeregten Herzen, vielen Erwartungen, Vorfreude und etwas bangem Herzen verabschieden wir uns, Jörg (31), Judith (27) und Julho (1), von unseren Freunden und Verwandten am Frankfurter Flughafen. Unser Ziel: Missionar in Brasilien.

Februar 11 – mit aufgeregtem Herzen, vielen Erwartungen, Vorfreude und etwas bangem Herzen mache ich, Jörg (46), mich auf den Weg. Meine Familie: Judith (41), Julho (16), João (14), Josi (12), bleibt in Jaraguá in unserem Haus. Mein Ziel: In São Bento do Sul die Entlassungspapiere der FLT unterschreiben. Ein gemeinsamer Weg geht zu Ende. Zeit, einen Blick zurück zu werfen. Zeit, sich an einiges von dem zu erinnern, was geschehen ist, Zeit sich offiziell zu verabschieden und ein Dankeschön zu sagen, für alles Beten, alle Gaben und alles Begleiten.
Was geht mir an Erinnerungsszenen durch den Kopf? Sehr viel! Hier ein paar kleine Eindrücke, doch sie zeugen von Gottes Führung, Leitung und Bewahrung.

1996: Florianópolis wird unser erstes Zuhause. Wir lernen die Sprache. Wir staunen über den Strand und die tolle brasilianische Vegetation. Judith ist schwanger und zieht sich eine Lungenentzündung zu. Das Strandhaus hat kein Telefon und liegt mit dem Bus über eine Stunde vom Stadtzentrum entfernt. In der Nacht, in der alles ganz schwarz aussieht, schickt uns Gott in der Person von Ireneu Hertel, ein lieber Bruder in Christi, der mittlerweile verstorben ist, einen Engel. Er bringt uns in ein Krankenhaus im Zentrum von Florianópolis. Judith fängt an, sich zu erholen. Die Mission stellt eine Haushaltshilfe für uns an, damit wir mit allem durchkommen. Eine Woche nach Judiths Genesung kommt João gesund und mit 7 Tagen Verspätung zur Welt. Gott sei es gedankt.

1997: Die Missionsarbeit in Jaraguá do Sul beginnt und wir ziehen in das Missionshaus. Ich erinnere mich an viele Autofahrten in das Landesinnere, um Bibelstunden zu halten. In einer Bibelstunde bei uns im Missionshaus kommen zwei Menschen zum Glauben, die ich später trauen darf. Es sind "Erstlingsfrüchte", über die ich mich auch heute noch herzlich freue. Die Sprache fällt noch schwer, besonders bei den seelsorgerlichen Gesprächen. Ich beginne auch einmal im Monat Unterricht an der Bibelschule in São Bento zu geben.

1998: Josi kommt zur Welt. Judith macht viele Besuche. Fast täglich ist sie mit den Dreien auf Achse und besucht die Familien. Sie übernimmt die Frauenarbeit und koordiniert die Kinderarbeit. Ich weiss heute noch nicht, wo sie all die Kraft hergenommen hat. Ich bin viel unterwegs, bereite mich vor, lese, fahre mit dem Auto und versuche alles unter einen Hut zu bekommen.

1999: Ich beginne in Jaraguá do Sul einen theologischen Kurs vorzubereiten und anzubieten. Etwa 60 Personen nehmen teil. Viele von ihnen beginnen sich im Laufe der Zeit in ihren Gemeinden zu engagieren. Dieser Kurs wird der Startschuss zu einem neuen Lebensabschnitt.

2000: Die Unterrichtsstunden an der Bibelschule werden mehr. Joinville hört von dem theologischen Laienkurs und bittet darum, dass ich diesen Kurs auch dort im Distrikt anbiete. Aus anderen Distrikten kommen ähnliche Anfragen. Langsam werden die Weichen für einen neuen Weg gestellt. Judith, von Beruf Psychologin, fängt an im therapeutischen Bereich zu arbeiten.

2001-2003: 2001 ist geprägt von Umbrüchen. Von nun an bin ich mit 50% in Jaraguá do Sul und mit 50% für die Bibelschule (Unterricht an der FLT, Kursarbeit in den Distrikten) tätig. Am Ende des Jahres ziehen wir in unser eigenes Haus. Unser Nachfolger, Marcos Mey, bezieht das Missionshaus. Judith richtet sich eine Praxis ein und langsam wächst ihr Patientenstamm.

2004-2005: Um weiterhin unterrichten zu dürfen, beginne ich eine theologische Weiterbildung zum Master. Es werden die zwei schwersten Jahre meines bisherigen Lebens. Jeden Mittwoch steige ich am Spätnachmittag in den Bus, um am nächsten Morgen in São Leopoldo rechtzeitig zum ganztägigen Unterricht anzukommen. Am Freitagnachmittag steige ich wieder in den Bus, um am Samstagvormittag in Jaraguá anzukommen. Dann kommen die Kurse für die FLT. Montag und Dienstag arbeite ich zu Hause. Meine Familie sehe ich kaum noch. Es ist eine richtig dunkle Zeit für uns. Dass die Familie diese Zeit überstanden hat, ist ein Wunder und Geschenk Gottes.

2006-2007: Im Januar bestehe ich meine Abschlussprüfung sehr gut. Nun arbeite ich vollzeitig an der FLT. Ich bin für das AT und die Kurse in den Gemeinden und Distrikten zuständig. Im Schnitt reise ich 30 000 km im Jahr.

2008: Ein großer Einschnitt. Wir trennen uns offiziell von der GBM. Wir umgehen damit die staatliche Vorschrift, dass wir alle vier Jahre als Familie für 6 Monate und 1 Tag nach Deutschland zurückkommen müssen. Dies ist für uns als Familie nicht tragbar. Nun sind wir wirklich ausgewandert. Ein weiterer Einschnitt passiert im Oktober. Ich habe einen Nervenzusammenbruch. Für eine Woche geht nichts mehr. Ich zittere, fange schnell an zu weinen und habe ständig Bauchschmerzen. Zu viel gearbeitet. Ich ziehe drastische Konsequenzen, die meiner Familie, meiner Beziehung zu meinen Kindern und mir sehr entgegenkommen. Ich gebe einen Teil meiner Arbeit ab und reduziere die Überstunden auf ein Minimum. Meiner Familie tut dies sehr gut. Doch seit 2008 bin ich nicht mehr in dem selben Maße belastbar wie früher, ich komme schneller an meine Grenzen und versuche dies zu respektieren.

2009: Es ist ein Jahr mit einer gewissen Routine. Unsere Arbeit nimmt einen guten Lauf. Durchatmen ist angesagt. Judith macht eine theologische Fortbildung und schliesst den Kurs mit sehr gutem Diplom ab. In diesem Zeitraum lernt sie auch Bibelhebräisch bei mir.

2010: Ein Jahr des Wandels. Das erste halbe Jahr ist schwer. Judith ist oft krank. Im zweiten Halbjahr verdichten sich die Anzeichen, dass meine Zeit an der FLT ihrem Ende entgegengeht. Schließlich bekomme ich im Dezember die Nachricht, dass mein Vertragsverhältnis mit der FLT gekündigt wird, mit Wirkung zum...

...Februar 2011. Nun sind wir also in der Gegenwart angekommen. Was für eine Geschichte. Freude und Leid. Hochs und Tiefs. Es ist eine Geschichte die Gott mitgeschrieben hat. Wie geht es weiter? Ich arbeite nun als selbständiger Vortragsredner und Kursleiter, oft in Zusammenarbeit mit meiner Frau. Wir haben ein Angebot von 12 Kursen und mehr als 100 Vorträgen für Gemeinden, Älteste, Mitarbeiter, Frauen, Männer, etc. Unser kleines Unternehmen nennt sich "Talmid". Es ist ein hebräisches Wort, das "Schüler" bedeutet. Denken Sie an uns im Gebet, auch wenn wir von nun an nicht mehr offiziell von der GBM / MEUC / FLT angestellt sind. Unser Ziel ist nach wie vor die Arbeit in und mit der Gemeinde, damit Gottes Wort zur Sprache kommt und Menschen verwandeln kann.


Es grüßt Sie ganz herzlich und in Christus verbunden
Ihre Familie Garbers mit Jörg, Judith, Julho, João und Josiane

 

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Last modified: Sun Apr 10 20:41:11 CEST 2011