Ausgabe 4/2011
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Titel
Editorial
Die Flut
Trost
Leid
Gnade
Hoffnung
Sinn
Wachstum
Gespräch
Kurz notiert
Gebetsanliegen
 

Mitten im Leid – und doch geborgen

Predigt über Ps. 13
Von Nilva Brendler, Missionarin in Panambi

Unsere Missionarin Frau Nilva Brendler besuchte im September und Oktober Deutschland. In verschiedenen Gemeinschaftsstunden und Gottesdiensten erzählte sie von Brasilien, unserer Arbeit und auch aus ihrem Leben. Frau Brendler hat eine 17jährige Tochter Fernanda und ist Witwe.

Nach unserer Hochzeit 1989 übernahmen wir die Missionsarbeit der MEUC in Ijuí. Ein großer Wunsch meines Mannes war, Deutschland kennenzulernen. "Wir werden einmal nach Deutschland reisen" so sagte er immer wieder. Er hatte sogar schon einen großen Koffer gekauft für den Fall, dass dieser Tag eintreffen würde. Oft dachte ich: "Was will ich in Deutschland? Ich kenne dort niemanden und kann kein Deutsch". Nach Deutschland zu reisen stand nicht auf meinem Wunschzettel.
1995 wurden wir versetzt. Wir sollten die Missionsarbeit in Rio do Sul übernehmen. Auf der Reise nach Rio do Sul erlitten wir einen schweren Autounfall. Mein Mann, unsere älteste Tochter Vanessa und meine Mutter starben bei diesem Unfall.
Ich kann nicht sagen, von wie vielen Geschwistern aus Deutschland ich den Satz hörte: "Die Geschwister in Deutschland beten für dich und deine Tochter Fernanda!". Ich bekam Briefe, Karten, jemand schickte mir Geld, eine andere Person schickte mir eine Tafel Schokolade. Leider habe ich die Adresse dieser Frau verloren. Ich war über die Liebe von Geschwistern den beeindruckt. Ich kannte sie nicht und deshalb war es auch mein Wunsch, Deutschland kennen zu lernen.
Hier zu sein ist für mich eine Gebetserhörung. Ich möchte mit ihnen über ein Wort Gottes nachdenken, das ein wenig von meiner Lebensgeschichte erzählt; von dem, was ich mit Gott erlebt habe und wie er mir begegnet ist.
Wollen Sie nicht jetzt einmal den Psalm 13 aufschlagen und lesen?
König David ist der Schreiber dieses Psalmes. Er war in einer großen Not. Viele Jahre war er vor seinem Schwiegervater Saul auf der Flucht. Dieser jagte ihm nach wie einem wilden Tier, weil Gott ihn, David auserwählt hatte, neuer König an Sauls Stelle zu werden. Jetzt saß er auf dem Thron als König von Israel. Doch auch jetzt hatte er keine Ruhe. Tagtäglich wuchs die Anzahl seiner Feinde und er stand in Gefahr, den Thron zu verlieren und damit auch sein eigenes Leben. David fühlte sich geschwächt. Er sah die Hand Gottes nicht mehr. Es war, wie wenn er in einem Tunnel säße, in dem das Licht ausgegangen war. Er wusste nicht, wie er weitermachen solle, was er tun solle. Er war zutiefst unruhig, verstört.
Zu wem floh David in seiner Angst? Er suchte Kraft nicht in sich selbst, auch nicht bei andern Menschen, sondern ging ins Gebet. Er suchte den Herrn. Er bedrängte Gott, dass ER ihm Antwort gebe, dass er in die Situation eingreife, damit seine Feinde nicht Überhand gewinnen sollten und er selber zerstört würde.
Vier Mal wiederholt David die Frage: Herr, wie lange?
- Wie lange willst du mich so ganz vergessen? David fühlte sich von Gott verlassen.
- Wie lange verbirgst du dein Antlitz vor mir? Das Antlitz verbergen heisst, dass keine Hilfe da ist. Wie lange würde Gott ihn in dieser Lage lassen, ohne irgendetwas für ihn zu tun?
- Wie lange soll ich sorgen in meiner Seele und mich ängsten in meinem Herzen täglich? David wurde von einer tiefen Traurigkeit überfallen, welche ihm alle Kraft nahm.
- Wie lange soll sich mein Feind über mich erheben? David sah seine Feinde. Er sah die Menschen, welche Gott nicht suchten und denen es gut ging, die erfolgreich waren und ihn stürzen wollten.
David befindet sich in einer großen Krise. Er hinterfragt die Liebe Gottes und sein Handeln.
Wissen Sie, was ich dabei entdeckt habe? Wir können Gott hinterfragen, doch wir müssen das in seiner Gegenwart tun. David hat den Herrn gesucht und blieb nicht ohne Antwort.
In Jeremia 29,13 und 14 sagt Gott: "Ihr werdet mich suchen und finden; denn wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, so will ich mich von euch finden lassen". David hat Gott gesucht und das hat konkrete Folgen: Bevor er das Gebet beendet hatte, verwandelten sich die Mutlosigkeit und die Niedergeschlagenheit in Vertrauen und dies gab ihm neue Hoffnung.
In der Gegenwart Gottes begann David die Dinge auf eine andere Art zu sehen. Er wurde an die großen Taten Gottes erinnert, die Gott schon für ihn getan hatte. Deshalb konnte er jetzt mit seiner Hilfe rechnen. Alles veränderte sich, als David aufhörte, auf sich selber und seine Probleme zu sehen. Alles veränderte sich, als David auf Gott schaute. Seine Klage verwandelte sich in Freude. David kam aus dem Kummer zum Lob Gottes.

Interessant ist, dass die äussern Umstände sich nicht verändert hatten. Die Feinde mit ihren Drohungen gegen seinen Thron und sein Leben waren immer noch Realität. Doch David stärkte sich in Gott und jetzt konnte er die Dinge anders sehen. Das Gebet änderte nicht Gott, sondern es veränderte David, so dass er ausrufen konnte: " Ich aber traue darauf, dass du so gnädig bist; mein Herz freut sich, dass du so gerne hilfst. Ich will dem Herrn singen, dass er so wohl an mir tut" (5f)
Welch eine Veränderung! Bevor er betete und in die Gegenwart Gottes kam, sah David alles dunkel. Er war ohne jegliche Hoffnung, fühlte sich verlassen. Jetzt hat er inneren Frieden, Freude und Mut, seine Probleme von vorne anzugehen.
Ich erinnere mich noch gut, als ich nach unserem Unfall in Gottes Gegenwart trat, auch voll von Leid, Schmerzen im Herzen. Ich schrie zu Gott und sagte: "Herr, du bist kein gerechter Gott! Denn wenn du gerecht wärest, dann hättest du mir wenigstens meine Tochter Vanessa gelassen! Weshalb hast du mir auch sie weggenommen? Weshalb hast du mir wenigstens nicht sie gelassen?"
In diesem Moment hörte ich die Stimme Gottes sagen: "Vanessa geht es gut. Pass du jetzt auf deine zweite Tochter Fernanda auf!" Fernanda war damals ein 16 Monate alt. Da schaute ich auf sie. Sie schlief ruhig in ihrem Bettchen und der Friede Gottes breitete sich in meinem Herzen aus. Eine große Freude überkam mich und ich hatte wieder neue Hoffnung. Gott hatte meinen Blick nach vorne gerichtet. Als ich aus dem Zimmer ging, war ich total verändert.
So wie David war ich vom Kummer zum Lob Gottes durchgedrungen. Nicht, weil sich meine Situation und die Umstände verändert hatten, nicht weil meine Trauer vergangen war, sondern weil ich in der Gemeinschaft mit Gott gestärkt worden war. Was David erlebt hat, was ich erlebt habe, ist die Erfahrung, dass Gott alles in uns wirken will. In Psalm 50.15 lesen wir: "Rufe mich an in der Not, so will ich dich hören (erretten) und du sollst mich preisen".
Gott hat nicht versprochen, unsere Probleme wegzunehmen, aber er hat versprochen, uns zu entlasten und uns in unserer Not zu tragen. Diese Erfahrung wünsche ich jedem im Leid.

 

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Last modified: Sun Apr 10 20:41:11 CEST 2011