Ausgabe 1/2014
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Editorial
Danke!
Hilfe nach Flut und bei Regen
Alternative Hoffnung
PEAL in Fraiburgo
Kennenlernen
Ein Interview
Führung
Zeugnis aus der Nachbarschaft
Wundervolles Jahr
Krankheitsnöte
Brasilien
Mehr als Gastfreundschaft
Studierzimmer
Gott wirkt!
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Ein Vergleich der Areopagrede mit Reden bei Josephus
Von Vitor H. Schell, São Bento do Sul

Fast 5 Jahre studierte und forschte Vitor Schell in Tübingen und Jena. Nun wurde er promoviert und ist seit 1. November von unserer Fakultät angestellt. Wir gratulieren ihm herzlich und wünschen ihm Gottes Segen für seine Arbeit.

Ein Vergleich der Areopagrede (Apg. 17) mit Reden bei Josephus! Die Diskrepanzen zwischen den Schilderungen von Lukas und Josephus über gleiche historische Gestalten und Ereignisse und das Problem der Beziehung zwischen ihnen interessiert schon längst die theologische Forschung. Meine Dissertation hat an der Diskussion über die historiographischen Verfahren von Lukas in seiner Apostelgeschichte und von Josephus in seinem historiographischen Werk teilgenommen, aber konzentrierte sich nicht mehr auf die gemeinsamen Ereignisse und historischen Gestalten bei Josephus und Lukas, sondern hat sich auf einen anderen Aspekt beschränkt, der unmittelbar zum historiographischen Verfahren von jedem Historiker der Antike gehört, nämlich auf die Frage nach den von ihnen verfassten Reden und den historischen Gestalten in den Mund gelegten Reden. Durch einen Vergleich der Areopagrede - mit ihren für das Neue Testament „fremdartigen Merkmalen" - mit Reden im Bellum und in den Antiquitates versuchte ich, einen Beitrag zur Diskussion über die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der historiographischen Verfahren von Lukas und Josephus und dadurch vor allem ein „neues weiteres Fenster" für die Interpretation der Areopagrede zu öffnen. Ich versuchte Lukas und Josephus miteinander „ins Gespräch" zu setzen, und zwar ins Gespräch über thematische und formale Merkmale der Areopagrede des Paulus in Apg 17 und die Kunst des Josephus, seine Art, Reden in den Mund verschiedener historischer Gestalten zu legen. Die Areopagrede spielt eine große Rolle in Bezug auf die zweite Missionsreise des Paulus, es geht um den Moment, in dem das Evangelium Athen, das Zentrum der akademisch-kulturellen Welt, erreicht und dort in Berührung mit der hellenistischen Philosophie kommt. Auch Josephus setzt die Reden meistens in entscheidenden und dramatischen Momenten seiner Darstellung ein. Beide vermitteln dem Leser eine theologische Interpretation durch eine spezifische Deutung der geschichtlichen Ereignisse. Dies erreichen Lukas und Josephus durch die Charakterisierung der Redner und durch die entfalteten Motive der Reden. In der Areopagrede sowie in den Reden bei Josephus verstecken und vermischen sich die literarischen Absichten ihrer Autoren (apologetische, pädagogische oder historisch-theologische). Eine bestimmte literarische Absicht ist manchmal eindeutig in einer einzigen Klausel der jeweiligen Rede zu finden, so wie eine einzige Aussage mehrere literarische manchmal sich gegenseitig ergänzende - Absichten aufweisen kann. Durch die Reden bringen Josephus und Lukas neue Facetten bestimmter historischer Gestalten vor, die nicht immer zu dem bereits durch schriftliche oder mündliche Traditionen etablierten Bild dieser Gestalten passen und Ergänzungen oder Korrekturen leisten sollen. So wie die Areopagrede die Leser herausfordert, neue Perspektiven in das Bild des Paulus zu integrieren, so versucht auch Josephus durch die dargestellten Reden, schon bekannte und verbreitete Traditionen durch neue Informationen zu korrigieren oder zu ergänzen. Sowohl in Bezug auf die Areopagrede als auch auf die Reden bei Josephus lässt sich feststellen, dass sie mit ihren „philosophischen Traktaten" als eine Art „Brücke" zwischen Geschichte und Dichtung bzw. zwischen punktuellen Ereignissen und allgemeiner Wahrheit funktionieren, die eigentlich die Ansicht des Verfassers wiederspiegeln, in der die Leser unterwiesen werden sollen. In der Dissertation ist u.a. deutlich zu sehen, wie sowohl Josephus als auch Lukas der Frage nach Gott eine zentrale Stellung widmen und wie die Areopagrede und manche Reden bei Josephus klare Belege für die intensive theologische Deutung bringen, die Lukas und Josephus den dargestellten Ereignissen verleihen.

 

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Last modified: Sat Jan 25 12:00:00 CET 2014